Berufsunfähigkeitsversicherung – Passivität birgt Gesundheitsrisiko

Die Berufsunfähigkeitsversicherung zählt zu den wichtigsten Policen überhaupt: Sie sichert Erwerbstätige ab, wenn diese ihren Job vor Erreichen des Ruhestands aufgeben müssen. Aber die Berufsunfähigkeits-Rente des Versicherers kann auch krank machen. Sie schafft einen Anreiz, seinen Beruf aufzugeben, obwohl man eigentlich noch weiterarbeiten könnte.

Jeder vierte Bundesbürger muss seinen Job vor Erreichen der Regelaltersgrenze gesundheitsbedingt aufgeben, so berichtet die Deutsche Rentenversicherung (DRV). Wichtigste Ursachen für das Ausscheiden aus dem Beruf sind psychische Erkrankungen sowie Erkrankungen des Gelenk- und Stützapparates. Umso wichtiger ist es, mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung finanziellen Engpässen vorzubeugen. Sie zahlt eine im Vertrag vereinbarte Rentenleistung aus, wenn es im Job nicht mehr weitergeht.

BU-Police hat auch Zweck, Wiedereinstieg in Berufsleben zu erleichtern

Eine weitere wichtige Funktion der BU-Versicherungen wird aber oft vernachlässigt. Neben einer monatlichen Rente soll sie nämlich auch den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt unterstützen. Das kann zum Beispiel durch die Finanzierung von Umschulungen erfolgen, aber auch durch die Bereitstellung gesundheitlicher Hilfsmittel. Eine zeitlich begrenzte Zahlung der Rentenleistung bietet zudem ausreichend Gelegenheit, sich umzuorientieren.

Viele Versicherer zahlen, wenn eine dauerhafte Berufsunfähigkeit von 50 Prozent zu erwarten ist. Ist hingegen unklar, ob die gesundheitlichen Beschwerden von Dauer sind, leistet die Versicherung unter Umständen zunächst nur für eine begrenzte Frist von bis zu zwölf Monaten. Dann wird neu entschieden, ob der Leistungsanspruch fortbesteht.

Berufsunfähigkeit kann gesundheitliche Folgeschäden nach sich ziehen

Tatsächlich kann es für Betroffene ratsam sein, den Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt zu wagen. Denn die Passivität, die mit dem Erhalt der BU-Rente einher geht, birgt weitere gesundheitliche Risiken. Bei Menschen, die eine entsprechende Rente beziehen, seien ähnliche Effekte wie bei Frühverrentungen zu erkennen, erklärt Klaus-Dieter Thomann, ärztlicher Leiter des Instituts für Versicherungsmedizin in Frankfurt am Main, gegenüber der FAZ. Die Menschen werden seelisch krank, weil sie sich nicht mehr gebraucht fühlen, ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich weiter, ja sogar eine höhere Sterblichkeit ist unter den Patienten zu beobachten.

Zwar handle es sich hierbei um Extremfälle. „Aber in solchen Fällen besteht die Gefahr, dass man sich in die Krankheit hineinlebt und man nicht mehr zwischen der psychischen Störung und der Behinderung durch die Versicherung unterscheiden kann“, so der Gesundheitsexperte. Und das liegt auch an dem Alles-oder-nichts-Prinzip dieser Versicherungen selbst. Wenn Versicherte wieder in den Arbeitsmarkt eintreten und die 50%ige Beeinträchtigung nicht fortbesteht, verlieren sie oft auch den Anspruch auf die Rente.

Verzicht auf abstrakte Verweisung sollte laut BU-Vertrag vereinbart sein

Damit sich der Versicherungsnehmer selbst entscheiden kann, ob und in welchem Umfang er eine neue Arbeit aufnimmt, sollte im BU-Vertrag auf die sogenannte „abstrakte Verweisung“ verzichtet werden. Sonst kann die Versicherung den Erkrankten auf eine neue Tätigkeit verweisen, wenn er seinen alten Beruf nicht mehr ausüben darf – selbst, wenn dieser deutliche Einbußen beim Gehalt und sozialen Status mit sich bringt. Ein Chirurg kann beispielsweise immer noch als Arzneimittel-Vertreter arbeiten, wenn er dauerhafte Verletzungen der Hand erleidet. Auch der Abschluss einer zusätzlichen Rechtsschutzversicherung ist empfehlenswert, weil viele Verträge unbestimmte Rechtsbegriffe beinhalten: juristische Streitigkeiten sind nicht ausgeschlossen! Ein Beratungsgespräch hilft, potentielle Fallstricke der oft hochkomplexen Verträge zu erkennen.

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