GRUND- UND IMMOBILIENBESITZER – Warum 2022 eine Grundsteuererklärung fällig wird!

Eigentlich tritt die Grundsteuerreform erst 2025 in Kraft – trotzdem sind Grund- und Immobilienbesitzer bereits in diesem Jahr gefordert, ihre Hausaufgaben zu machen, indem sie eine extra Grundsteuererklärung beim Finanzamt einreichen.

Denn obwohl die Reform erst 2025 rechtskräftig wird, sind alle Grundbesitzer laut Lohnsteuerhilfeverein dazu verpflichtet, zwischen Anfang Juli und Ende Oktober 2022 ihre Grundsteuererklärung einzureichen. „Sie müssen den Finanzbehörden im Vorfeld zuarbeiten, damit diese das neue Gesetz fristgerecht umsetzen können“, teilt der Verein mit. Demnach sei zu erwarten, dass im März Briefe mit der Aufforderung zur Abgabe der „Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts“ verschickt würden – und diese Erklärung sei „zwingend elektronisch per ELSTER abzugeben“, so der ergänzende Hinweis der Steuer-Profis. Daraus folgt: Steuerpflichtige, die sich noch nicht bei der Online-Steuersoftware der Finanzämter registriert haben, sollten Zeit für die Registrierung einplanen. Abgefragt werden demzufolge Angaben zur Lage des Grundstücks (einschließlich Gemarkung und Flurstück), Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Wohnfläche und gegebenenfalls Grundstücks- oder Gebäudeart sowie das Baujahr.

Auf die wichtigsten Fragen im Zusammenhang der Grundsteuerreform, geht der Lohnsteuerhilfeverein nachfolgend genauer ein:

Wer ist von der Grundsteuer betroffen?

Die Grundsteuer ist eine der ältesten Steuern überhaupt. Sie wird auf das Eigentum an Grundstücken und Gebäuden erhoben. In Deutschland verschafft sie den Gemeinden, und nicht den Ländern oder dem Bund, Steuereinnahmen in Höhe von rund 15 Milliarden Euro jährlich. Originär entrichten müssen sie die Eigentümer eines unbebauten Grundstücks, eines Wohnhauses oder einer Wohnung. Aber da Vermieter die Grundsteuer umlegen dürfen, sind auch Mieter im Rahmen ihrer Wohnnebenkostenabrechnung davor nicht gefeit.

Wie geht es mit der Grundsteuer nach dem Gerichtsurteil von 2018 weiter?

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 2018 hat der Gesetzgeber Ende 2019 ein Gesetzespaket zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts verabschiedet. Das alte Prozedere wird allerdings wegen des gigantischen Umstellungsaufwands noch weitere fünf Jahre ab der Gesetzesverkündung angewendet. Um die neue Grundsteuer abschließend zu ermitteln, müssen im ersten Schritt alle dafür notwendigen Daten von den Eigentümern erhoben werden. Dies wird in diesem Jahr vollzogen, damit die neue Grundsteuer fristgerecht umgesetzt werden kann.

Was ist bei der neuen Grundsteuer anders?

Mittels der Angaben aus der Grundsteuererklärung wird von den Finanzämtern im zweiten Schritt ein Grundsteuerwert berechnet. Neu ist, dass der Wert des Grundstücks jetzt anders ermittelt wird. Ihm wird künftig der Bodenrichtwert und eine statistisch ermittelte Nettokaltmiete anstatt des Einheitswertes zugrunde gelegt. Im dritten Schritt wird diese Kennzahl mit einer gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl multipliziert, um den Grundsteuermessbetrag zu erhalten. Erhalten die Grundbesitzer vom Finanzamt einen Bescheid über den Grundsteuerwert oder den Grundsteuermessbetrag, ist erstmal noch nichts zu zahlen. Diese Mitteilungen dienen rein der Information der Steuerpflichtigen. Letztere Kennzahl wird von den Finanzämtern auch an die zuständigen Gemeinden weitergereicht. So wenden die Gemeinden und Städte im vierten Schritt ihren individuellen Hebesatz an und berechnen die Grundsteuer.

Ist mit einer generellen Mehrbelastung zu rechnen?

Immobilienbesitzer stellen sich derzeit die Frage, was sich für sie ändert. Es wird für den einen oder anderen zu Verschiebungen kommen. Manche werden mehr als zuvor berappen müssen, manche dafür weniger. Für die Gemeinden besteht jedoch die Vorgabe, dass die Einnahmen durch die Neuregelung insgesamt auf dem gleichen Niveau bleiben sollen. Der einzelne Eigentümer wird erst im Jahr 2025 erfahren, was die Reform für ihn persönlich bedeutet. Denn erst dann werden die neuen Grundsteuerbescheide durch die jeweilige Gemeinde oder Stadt mit der Zahlungsaufforderung verschickt.

Welche Bundesländer verfolgen abweichende Regeln?

Der Bund hat 2019 ein zentrales Modell zur Neuberechnung vorgelegt, aber den Bundesländern ist es gestattet, davon abzuweichen. Die Mehrheit der Länder, wie Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen, haben das Berechnungsmodell des Bundes vollständig übernommen. Sachsen und das Saarland weichen nur geringfügig bei der Höhe der Steuermesszahlen ab. Von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht haben Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen. Hier wird nicht nach der Art der Immobilie und dem Baujahr gefragt.

Quelle Pfefferminzia Newsletter vom 03.02.2022 – Artikel Lorenz Klein

Umsetzung in Bayern

Wieso gibt es nun ein bayerisches Grundsteuergesetz?

Im Jahr 2019 hat der Gesetzgeber das neue Bundesgesetz zur Grundsteuer beschlossen. Für die Bundesländer wurde zusätzlich eine sogenannte „Länderöffnungsklausel“ geschaffen. Jedes Bundesland kann daher für sich die Entscheidung treffen, ob es das Bundesmodell oder ein eigenes Landesmodell umsetzt. Davon haben derzeit sieben Bundesländer Gebrauch gemacht – neben Bayern auch Niedersachsen, Hessen, Hamburg, Baden-Württemberg, das Saarland und Sachsen. Der Bayerische Landtag hat das Grundsteuergesetz für den Freistaat am 24. November 2021 verabschiedet. Damit wird die Grundsteuerreform in Deutschland mit acht Grundsteuergesetzen (ein Bundesmodell und sieben Ländergrundsteuergesetze) umgesetzt. Die Berechnung der Grundsteuer kann sich deshalb von Bundesland zu Bundesland unterscheiden.

Welches Grundsteuergesetz ist anzuwenden?

Welches Grundsteuergesetz anzuwenden ist, richtet sich danach, wo sich der Grundbesitz befindet. In Bundesländern ohne eigenes Grundsteuergesetz gilt das Bundesmodell. Bei einer Eigentumswohnung in Hamburg ist also das Hamburgische Grundsteuergesetz anzuwenden. Bei einer Wohnung in Berlin greift das Bundesgesetz, weil die Bundeshauptstadt bislang kein eigenes Landesmodell beschlossen hat. Wenn sich die Immobilie in Bayern befindet, kommt das bayerische Grundsteuergesetz zur Anwendung.

Welche Grundstücksdaten sind in Bayern erforderlich?

Bayern setzt auf ein reines Flächenmodell. Die bayerische Grundsteuer wird künftig nur noch anhand der Fläche des Grundstücks und der Fläche des Gebäudes sowie der Immobiliennutzung berechnet. Der Wert des Grundstücks und der Immobilien, die Lage, das Alter oder der Zustand des Gebäudes spielen bei Berechnung der Grundsteuer für bayerische Grundstücke keine Rolle mehr. Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) begrüßt das wertunabhängige bayerische Grundsteuermodell, weil es eine schwierige Klärung von Wertverhältnissen, die Berücksichtigung von hohen Bodenrichtwerten und die Erfassung von Mieten vermeidet.

Wie berechnet sich die Grundsteuer in Bayern?

Die bayerische Grundsteuer berechnet sich nach festen sogenannten Äquivalenzzahlen. Diese betragen

  • für das Grundstück 0,04 Euro/Quadratmeter,
  • für Gebäude 0,50 Euro/Quadratmeter.

Für Wohnnutzung ist ein Abschlag von bis zu 30 Prozent möglich. Denkmalgeschützte Gebäude, der soziale Wohnbau und besondere Grundstücke haben Sonderregelungen. Dieser Messbetrag wird dann mit dem individuellen Hebesatz der Kommune multipliziert, in deren Grenzen sich das Grundstück oder die Immobilie befindet. Die Höhe des Hebesatzes legen die Kommunen weiterhin selbst fest. Der Hebesatz der Kommune bestimmt als Prozentsatz am Ende der Berechnung die tatsächliche Höhe der zu zahlenden Grundsteuer.

Vereinfachte Berechnungsbeispiele für die Grundsteuer nach dem bayerischen Gesetz
  1. Familie Meier bewohnt ein Eigenheim in Passau. Die Grundstücksfläche beträgt 500 Quadratmeter und die Wohnfläche 150 Quadratmeter. Der Grundsteuer-Messbetrag beträgt also: 500 Quadratmeter x 0,04 Euro/Quadratmeter + 150 Quadratmeter x 0,50 Euro/Quadratmeter x 0,7 für Wohnnutzung = 72,50 Euro. Auf den Messbetrag wird der Hebesatz der Stadt Passau von 390 Prozent (= Faktor 3,9) angewendet. Die jährliche Grundsteuer beträgt also: 72,50 Euro x 3,9 = 282,75 Euro.
  2. Familie Müller bewohnt ein Eigenheim in Rosenheim mit den gleichen Grundstücksdaten wie Familie Meier. Der Grundsteuer-Messbetrag liegt hier also ebenfalls bei 72,50 Euro. Der Hebesatz der Stadt Rosenheim beträgt jedoch 480 Prozent (= Faktor 4,8). Die Grundsteuer fällt entsprechend höher aus: 72,50 Euro x 4,8 = 348 Euro.
  3. Eine Genossenschaft besitzt in Nürnberg eine Gewerbeimmobilie. Die Grundstücksfläche beträgt 1.000 Quadratmeter und die Nutzfläche des Gebäudes 260 Quadratmeter. Der Grundsteuer-Messbetrag beträgt also: 1.000 Quadratmeter x 0,04 Euro/Quadratmeter + 260 Quadratmeter x 0,50 Euro/Quadratmeter = 170 Euro. Auf den Messbetrag wird der Hebesatz der Stadt Nürnberg von 555 Prozent (= Faktor 5,55) angewendet. Die Grundsteuer beträgt also: 170 Euro x 5,55 = 943,50 Euro.
  4. Eine Genossenschaft besitzt in Burgebrach eine Gewerbeimmobilie mit den gleichen Grundstücksdaten wie die Nürnberger Genossenschaft. Der Grundsteuer-Messbetrag liegt hier also ebenfalls bei 170 Euro. Der Hebesatz in Burgebrach beträgt jedoch 300 Prozent (= Faktor 3,0). Die Grundsteuer beträgt dort also: 170 Euro x 3,0 = 510 Euro.
Ab wann gelten die neuen Grundsteuergesetze?

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber eine fünfjährige Übergangsfrist zugestanden, in der die Reform umgesetzt werden muss. Dies bedeutet, dass die Finanzämter bis zum 31. Dezember 2024 die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer nach den bisherigen, eigentlich verfassungswidrigen Vorschriften zum Einheitswert feststellen müssen. Die Neuregelungen zur Grundsteuer gelten daher erst ab 2025.

Wann muss eine Grundsteuererklärung abgegeben werden?

Achtung! Obwohl die neuen Grundsteuergesetze erst ab 2025 gelten, verlangt der Gesetzgeber für alle Grundstücke bereits zum Stichtag 1. Januar 2022 neue Berechnungsgrundlagen. Das bedeutet, dass alle Grundstückseigentümer schon im Jahr 2022 die relevanten Grundstücksdaten durch eine Grundsteuererklärung bei ihrem zuständigen Finanzamt abgeben müssen. Nach derzeitigem Kenntnisstand gewährt der Fiskus den Grundstücksbesitzern dafür ein Zeitfenster vom 1. Juli bis zum 31. Oktober 2022. Die Grundsteuererklärung ist dabei elektronisch einzureichen. Voraussichtlich wird das Bayerische Landesamt für Steuern im Frühjahr 2022 alle Grundstücksbesitzer durch eine Allgemeinverfügung öffentlich zur Abgabe einer Steuererklärung auffordern.  Die Finanzämter in Bayern werden voraussichtlich keine individuellen Anschreiben mit Aufforderung zur Abgabe der Grundsteuererklärung versenden. Die Grundstücksbesitzer müssen also selbst aktiv werden und sich informieren. Wird die Grundsteuerklärung verspätet oder gar nicht abgegeben, können die Finanzämter Verspätungszuschläge und Zwangsgelder festsetzen.

Quelle – Profil 01 2022 Das bayerische Genossenschaftsblatt

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